Umbau: Satteldach Pultdach

Wie Sie ein Satteldach in ein Pultdach umbauen

Begeistert waren die Eheleute anfangs nicht von dem 60er-Jahre-Haus. Doch zusammen mit dem Architekten hatten sie schließlich die zündende Idee: Das Erdgeschoss blieb erhalten, das Dachgeschoss wurde komplett erneuert: Vom Satteldach zum Pultdach.

Wie Sie ein Satteldach in ein Pultdach umbauen
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Der Reiz, ein altes Gebäudes umzubauen, liegt darin, dass man versuchen muss, mit den Gegebenheiten etwas Neues und Funktionales zu schaffen: Das Ehepaar Dr. Frauke Ehlert und Dr. Peter Bierbaum schaute sich nach einer gebrauchten Immobilie um, weil sie gerne in einer gewachsenen Struktur mit angelegten Gärten und altem Baumbestand wohnen wollten. Ein Neubau kam für die beiden Biologen daher nicht in Frage. Vier Jahre lang suchte das Paar sehr intensiv nach einem passendem Haus und schaute sich immerhin zwischen 50 und 60 Gebäude an: "Zu vielen Häusern fiel uns spontan einfach nichts ein. Auch dieses Gebäude sagte uns nicht auf Anhieb zu“, erinnern sie sich. Das 60er-Jahre-Haus mit rissiger weißer Putzfassade und Schnörkel-Gitter vor Fenstern und Türen schreckte erst einmal ab. Trotzdem schauten sie sich das Satteldachhaus am Ortsrand von Solingen zusammen mit dem Architekten Boris Enning ein zweites Mal genauer an: "Im Prinzip bot das Haus alles, was wir uns wünschten. Vor allem einen großen Garten mit unverbaubarem Blick." Doch das Dach sollte umgebaut werden: Vom Satteldach zum Pultdach.

Satteldach zum Pultdach umbauen

Wir gingen zusammen mit Herrn Enning durch das Haus, und die Ideen waren sofort greifbar. Die bestehende Raumaufteilung im Erdgeschoss gefiel dem Paar. Doch die vorhandene Dachneigung ließ keine Möglichkeit eines vernünftigen Ausbaus zu. Der Architekt hörte genau zu und entwickelte die ersten Skizzen inklusive verschiedener Modelle. "Es war sehr beeindruckend, dass unsere Wünsche bereits in den ersten Entwurfszeichnungen umgesetzt waren. Dieser Vorentwurf wurde letztendlich auch gebaut.“ Doch zunächst musste man sich mit den örtlichen Bauvorschriften auseinandersetzen: Die Bauordnung erlaubte kein zweites Vollgeschoss. Ein Dachraum zählt beispielsweise als Vollgeschoss, wenn mehr als zwei Drittel der Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 Meter misst. In den einzelnen Landesbauordnungen weicht man von dieser Definition jedoch manchmal geringfügig ab. Boris Enning tüftelte die genauen Flächen mit ausreichender Stehhöhe aus, und das Bauamt stimmte schließlich einer Aufstockung vom Satteldach zum Pultdach zu.

Vorher: Satteldach, alte Rollläden, dunkle Holzverschalung.
 
Abbruch: Vom ehemaligem Dachgeschoss ließ man lediglich die Mauerstümpfe stehen.
 
Aufgestockt: Zwei vesetzte Pultdächer geben dem Haus nicht nur ein neues Gesicht, sondern auch attraktiven Wohnraum.
 
Bodentiefe Fenster holen viel Licht in die Etagen.
 
Ein Holzkleid aus Bangkirai schützt die Fassade. Dieses Holz benötigt praktisch keine Pflege: Damit es sich nicht silbergrau färbt, reinigt man es jährlich mit Hartholz-Öl.

Stützen fangen Lasten des Pultdaches auf

Sobald das alte Dach abgetragen war, legten die Bauarbeiter eine Bitumenbahn auf die Decke des Erdgeschosses. "Leider wurde diese Bahn nicht fachgerecht verklebt, sodass es nach dem ersten Regenguss zu massiven Feuchteschäden kam“, erinnert sich der Bauherr. Und das bei einer ohnehin schon sehr knapp bemessenen Bauzeit von nur fünf Monaten. Von dem ehemaligen Dachgeschoss blieben lediglich die Wandstümpfe stehen. Drei Stützen im neuen Lese- und Gästezimmer fangen die Lasten des eingezogenen Stahlträgers auf, der quasi die ehemalige Firstpfette ersetzt und sich über die Länge des gesamten Hauses zieht. Boris Enning: "Spektakulär war der Einbau dieses Trägers, weil er mittels eines Kranes in der ganzen Länge eingebaut und millimetergenau eingepasst wurde. Wichtig war uns, dass der Träger sichtbar bleibt, damit die Eingriffe in die Bausubstanz zu sehen sind.“ Als ein so genanntes Unterdach konstruierte der Architekt den neuen Dachaufbau. Als Unterdächer bezeichnet man eigenständige Dichtungs- und Deckungsschichten, die unter der Dachdeckung angeordnet sind. Mit Hilfe des Unterdaches wird eine zweite Entwässerungsebene angeordnet, die durch die Haupteindeckung eindringende Feuchtigkeit sicher abführt. Ein durchlaufendes Fensterband und mehrere Dachflächenfenster holen Tageslicht ins obere Geschoss. Außerdem öffnete der Architekt das Haus in Richtung Süden, zum Garten hin.

Der ehemalige Speicher verwandelt sich in ein Wohnstudio. Zwei versetzte Pultdächer sorgen für Raumhöhe. Das Fensterband verläuft über das gesamte Geschoss.
 
Vorher: Die zu geringe Dachneigung ließ einen vernünftigen Ausbau nicht zu.
 
Auch die ehemalige Firstpfette entfernte man.
 
Zwei Stahlträger ersetzen die Firstpfette. Dazwischen sorgt das Fensterband für Helligkeit im Obergeschoss.
 
Weitsicht: Durch das verglaste Türelement blickt man vom Schlafzimmer in den Flur.
 
Durch die neuen Dachfenster über dem Bett schaut man direkt in den Sternenhimmel.
 
Bad mit Asia-Flair: Ein Schreiner fertigte die Kirsch-Einbaumöbel an.

Im Erdgeschoss musste lediglich eine Wand weichen. Ein neuer Balkon verbindet drinnen und draußen. Die dahinterliegenden, großformatigen Fenster lassen viel Licht in das Dachstudio. Mit wenigen Eingriffen wurden die Wünsche im Erdgeschoss erfüllt: Die ehemals kleine abgetrennte Küche öffnet sich nun zum Essbereich, die Wand zwischen den Räumen musste weichen. Besonderer Clou der Küche: Hinter einer Faltwand aus Kirschholz verschwinden Schränke und Vorratskammer. So zeigt sich die Küche stets aufgeräumt. Eine Kochinsel mit einem Gasherd trennt Koch- und Essbereich voneinander ab. Im Erdgeschoss musste lediglich eine Wand weichen Eine weitere Besonderheit dieses Hauses: Eine vollbiologische Kleinkläranlage, deren Behälter im Garten eingegraben sind, reinigt das Abwasser. "Aus der Not heraus entschieden wir uns für eine solche Anlage: Die alte Sickergrube im Garten musste saniert werden und ein Kanalanschluss bis zur Straße war zu teuer und aufwendig.“ Außerdem sammelt eine Zisterne Regenwasser, womit die Toiletten gespült und der Garten bewässert wird. Würden die Bauherren aus der heutigen Perspektive anders handeln? "Ja, wir würden uns mit dem Umbau ein bisschen mehr Zeit lassen und Zeitpuffer einbauen.“ Ansonsten fühlen sich beide in Ihrem Haus sehr wohl. Auch Passanten bleiben immer wieder stehen, staunen über die Verwandlung des ehemals dunklen Gebäudes und bewundern den schön angelegten Garten.

Unscheinbar: Nach Osten zeigte sich das Gebäude verschlossen.
 
Der ehemalige Dachstuhl wurde komplett abgetragen.
 
Neubau: In Massivbauweise erstellte man das neue Geschoss.
 
Straßenansicht: Hinter dem neuen Fenster im Parterre befi ndet sich der Wohnraum. Ein freundlicher Vorgarten ohne Zaun.
 
Einladend wirkt die neue blau-graue Haustür. Der Briefträger muss den markanten Briefkasten nicht lange suchen.
 
Palisaden stützen die Terrasse ab. Holzfenster: Die blauen Flügel sind beweglich.
 
Der Architekt überzeugte das Baupaar mit einem Arbeitsmodell und den ersten konkreten Entwurfsskizzen von einem Pultdach.
 
Ein Haus mit zwei Gesichtern: Die Holzverschalung gliedert die Fassade. Mehr Licht: Das Fensterband holt die Morgensonne.
Daten & Fakten
Aufgabe:Umbau und Aufstockung eines Einfamilienhauses
Grundstücks-
größe:
ca. 1000 m2
WohnflächeEG 106 m2, OG 99 m2
Anzahl Bewohner:2
Baujahr:1964
Umbau:2003/04
Baukosten:ca. 250 000
Bauzeit:ca. 5 Monate
Bauweise:Massivbauweise
Dachdeckung:Flachdachziegel
Fenster:Holzfenster
 

Kontakt

Architekturbüro Boris Enning

Burgunder Straße 26

50677 Köln

Telefon 0221/24068-82

www. architektenning.de

Fotos: Pavel Strnad

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