Warum wir ohne Artenvielfalt im Garten nicht leben können
Es surrt, es summt und es zwitschert – eine hohe Artenvielfalt im eigenen Garten macht viel mehr Freude als den sterilen Rasen penibel auf 4 cm zu halten und trägt dazu noch zum heimischen Artenschutz bei.
Der Begriff Artenvielfalt bezeichnet die Anzahl der Arten in einem Lebensraum. Allein in Deutschland sind gut 4.105 Pflanzenarten und 44.787 Tierarten heimisch, davon machen Insekten mit 33.305 Arten beinahe drei Viertel der Fauna aus. Seit Jahrzehnten nimmt die Artenvielfalt in Deutschland jedoch stetig ab. Um dem entgegenzuwirken kann jedoch jeder einzelne von uns einen Teil beitragen – direkt im eigenen Garten oder auf dem Balkon!
Warum Artenvielfalt wichtig ist
Der Artenschutzbericht der Bundesregierung erklärt bereits ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten in Deutschland als gefährdet. Handeln ist dringend geboten. Dessen sind sich auch immer mehr Gartenbesitzer bewusst. Größter Konsens besteht darin, auf chemische Unkrautvernichter zu verzichten, um Pflanzen und Tieren einen gesicherten Nahrungs- und Lebensraum zu bieten. 91 Prozent der Befragten stimmen dem zu. 83 Prozent würden einen Komposthaufen einrichten und 74 Prozent der Deutschen sind bereit, den Rasen seltener zu mähen. 75 Prozent der Gartenbesitzer wollen zudem nicht heimische Pflanzen wie Chinagras oder Bambus aus ihrem Garten verbannen oder Kiesflächen in Grün umwandeln.
Unsere Natur steht in einem empfindlichen Gleichgewicht und jede Art trägt mehr oder weniger zum Erhalt dieses Gleichgewichts bei. Da die Zusammenhänge in der Natur äußerst komplex sind und enorm viele Faktoren eine Rolle spielen, ist selbst Wissenschaftlern im Vorfeld nie klar, welche Auswirkungen das Aussterben einer Art auf die Natur im Gesamten haben wird. Das Sterben einer Art kann viele Auswirkungen haben: von dem Anstieg der Artenvielfalt, da Lebensraum und Nahrung durch den Wegfall einer Art frei wird, über kaum spürbaren Auswirkungen bis hin zu einer Kettenreaktion, bei der gleich mehrere Arten, die auf die ausgestorbene Art angewiesen waren, ebenfalls aussterben. Aufgrund der Unvorhersehbarkeit ist es daher sinnvoll, die vorhandene Artenvielfalt möglichst nicht zu stören, etwa durch ein von Menschen gemachtes Artensterben oder auch durch das Einführen invasiver Arten.
Warum ist die Artenvielfalt bedroht?
Die Artenvielfalt ist im Laufe der Erdgeschichte bereits vielen Schwankungen unterworfen gewesen und das ist sie noch. Diese sind jedoch meist natürlichen Ursprungs und laufen – von Katastrophen einmal abgesehen – häufig langsam oder kontinuierlich ab, sodass sich die Arten an die Veränderungen anpassen können. Die Veränderungen durch den Menschen sind hingegen meist schnell und für die Natur unvorhersehbar, sodass sie sich schlechter darauf einstellen kann. Drei Punkte spielen hierbei eine besondere Rolle:
- Zerstörung von Lebensraum: Es muss nicht gleich ein ganzer Regenwald gerodet werden, um Arten auszurotten, es reicht häufig bereits eine Verkleinerung des Lebensraums, um das Artensterben voranzutreiben. Die Landwirtschaft trägt hier entscheidend zu bei, aber auch der Neubau einer Siedlung oder gar der Bau einer zweispurigen Straße können Lebensräume so stark einschränken oder zerteilen, dass einzelne Arten gefährdet werden.
- Pestizide: Immer mehr Pestizide sind im Einsatz und das sowohl in der Landwirtschaft als auch im Privatgarten. Werden diese falsch genutzt, geraten sie in die Umwelt und können ganze Lebensräume und Arten dezimieren.
- Klimawandel: Klimawandel ist im Grunde normal und natürlich, der durch den Menschen beschleunigte Klimawandel bringt einige Arten jedoch in eine bedrohliche Lage, da die klimatischen Veränderungen zu schnell eintreten. Hinzu kommt, dass aufgrund menschlicher Nutzung Ausweichräume verloren gehen oder nicht mehr so leicht zu erreichen sind.
Artenvielfalt beginnt im Garten: Was kann ich tun?
6.800 Quadratkilometer groß ist die Fläche, die in Deutschland von privaten Gärten bedeckt wird. Eine enorme Ressource für den Erhalt der Artenvielfalt. Die Bereitschaft, dafür auch neue Wege zu gehen, ist bei Gartenbesitzern groß, wie eine Umfrage der BHW Bausparkasse zeigt:
Der BHW Umfrage zufolge stört sich nur jeder vierte Gartenliebhaber daran, wenn der Nachbar Wildwuchs zulässt. Dabei tun sich die Männer mit 26,4 Prozent schwerer, auf einen akkuraten Rasen zu verzichten als Frauen (17,7). Bei der Frage, was ihnen am Garten besonders wichtig ist, sind sich die Deutschen einig: Für mehr als 90 Prozent soll der Garten Platz zum Erholen und Lebensraum für Insekten, Bienen und Kleintiere bieten. "Deutschlands Gartenbesitzer sind besonders aktive Artenschützer“, sagt Stefanie Binder von der BHW Bausparkasse. „Zwar wünscht sich jeder Dritte einen repräsentativen Garten, aber die große Bereitschaft, das eigene Grün im Sinne der Artenvielfalt zu gestalten, ist beeindruckend.“
Artenvielfalt schützen:
Artenvielfalt fängt bereits im eigenen Garten an. Laut NABU gibt es in Deutschland rund 13 Millionen Privatgärten, deren Fläche etwa der aller Naturschutzgebiete des Landes entsprechen. Gut 2.700 Arten der in Deutschland heimischen Fauna können in einem Privatgarten leben, also gut 6 %. Das mag zunächst nicht nach viel klingen, bedenkt man aber, dass über die Hälfte aller heimischen Tiere auf der roten Liste gefährdeter Arten stehen, so macht die Rettung von 6 % allein den eigenen Garten bereits viel aus. Was Sie selbst tun können, damit Ihr Garten ein Rückzugsort für gefährdete Arten wird, erfahren Sie hier.
Folgende vier Punkte können Sie befolgen, um die Artenvielfalt in Ihrem Garten zu fördern:
- Unordnung: Ein perfekt getrimmter Englischer Rasen stillt zwar die Ordnungsliebe vieler Gartenbesitzer, doch für Tiere gibt es nichts ungeeigneteres. Wildblumenwiesen bieten hunderte Arten von Insekten Lebensraum und Nahrung, während sich Igel und Reptilien in liegen gelassenen Holzscheiten und Baumschnitt pudelwohl fühlen. Wem das Chaos im Garten jedoch zu viel erscheint oder auch noch eine Spielwiese für die Kinder braucht, kann auf einzelne Mähinseln im Garten setzen.
- Heimische Pflanzen: Exoten sehen meist spannender aus, bringen der heimischen Tierwelt aber rein gar nichts. Setzen Sie daher lieber auf regionale Pflanzen. Regionale Samenmischungen können gut auf der Wiese gestreut werden und sogar auf dem Balkon machen Sie den Insekten mit regionalen Blumen eine Freude. Verzichten Sie auch auf Zuchtformen mit gefüllten Blüten: Diese bieten Insekten viel weniger Nektar und Pollen als ungefüllte, botanische Sorten!
- Nisthilfen: Über Nisthilfen freuen sich nicht nur Bienen und andere Insekten, auch Vögel und sogar Fledermäusen kann mit einem speziellen Nistkasten gut geholfen werden – und das sogar auf dem Balkon. Dabei sollten Sie sich jedoch genau informieren, bevor Sie einfach im Handel zuschlagen, denn dort gibt es auch viele ungeeignete Produkte.
- Pestizide: Verzichten Sie womöglich auf den Einsatz von Pestiziden. Meist lassen sich Unkraut, Schädlinge und Pflanzenkrankheiten auch natürlich und schonender bekämpfen. Denn der Einsatz von Pestiziden schadet auch immer Nützlingen und kann somit das komplette Gleichgewicht im Garten stören. Im schlimmsten Fall sorgt das dafür, dass dieser auf Dauer noch anfälliger für Schädlinge, Krankheiten und Unkräuter wird.
Das Artensterben wird man im eigenen Garten leider nicht komplett aufhalten können, aber man kann seinen Beitrag leisten und so Rückzugsräume für Tiere schaffen, die es aktuell schwer haben sowie ein Bewusstsein bei sich selbst und seinen Kindern für die Wichtigkeit von Artenschutz schaffen.
Artenvielfalt schützen: Bienensterben bekämpfen
Wenn von Artenvielfalt die Rede ist, ist auch der Begriff Bienensterben nicht weit. Warum Bienen eine so bedeutende Rolle in unserem Ökosystem einnehmen und ihr Aussterben fatale Auswirken auf die Natur und unser Leben hätte und was Sie dagegen tun können, haben wir in folgendem Artikel zusammengefasst, denn Artenvielfalt ist Lebensqualität:
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