Tapetenkleister

Tapetenkleister kennen die meisten Heimwerker nur als kleine lila Schachtel: Dass der Vorfahr des modernen Zellulose-Kleisters ausgekochter Knochenleim war, ist nur wenigen bewusst. Hier finden Sie alles Wissenswerte über Tapetenkleister – von seiner Geschichte über die verschiedenen Anwendungsgebiete bis zu seiner Verarbeitung.

Tapetenkleister
Foto: Hersteller / Methylan
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Was ist Kleister? Chemisch betrachtet ist Tapetenkleister ein wässriges Quellungsprodukt aus Stärke und organischen Zellulosefasern. Angerührter Kleister besteht aus etwa 80–98 % Wasser. Aus ökologischer und gesundheitlicher Sicht gibt es kein besseren Klebstoff als Kleister – doch ist seine Anwendbarkeit auf bestimmte Einsatzbereiche beschränkt:

Überall, wo Papier, Pappen und leichte Materialien miteinander verklebt werden sollen – und eine Feuchtebelastung ausgeschlossen ist –, ist Kleister der Kleber der Wahl: Heimwerker kennen den Zellulosekleber als Tapetenkleister, Kinder basteln Pappmaché mit selbst gemachtem Mehl-Kleister und auch Buchbinder nutzen Kleister für ihr Handwerk.

Seine Klebekraft entwickelt Tapetenkleister wie andere Klebstoffe auch durch die Verdunstung des Anmachwassers (Kleister bindet physikalisch ab). Damit das Wasser aus dem Kleister verdunsten kann, können mit ihm nur wasserdampfdurchlässige Tapeten verklebt werden (Papiertapeten, Raufaser, Vliestapete, ...). Wasserdampfundurchlässige Tapeten mit Metallfolien oder vinylbeschichtete Tapeten brauchen einen anderen Tapetenkleber, der ohne Verdunstung seine Haftkraft entfaltet.

Tapetenkleister ist nicht gleich Kleister

So breit das Angebot an Tapeten ist, so vielfältig ist auch das Sortiment an Tapetenkleistern. Die allermeisten enthalten nach wie vor Methylzellulose und Stärke. Oft werden Harze und andere Stoffen beigemischt, die die Anwendung erleichtern, den Tapetenkleister stärker oder haltbarer machen. Billige Tapetenkleister enthalten oft nur einen sehr geringen Methylzelluloseanteil, dadurch sinken Klebkraft und Anfangshaftung.

  • Normalkleister: Der klassische Rollkleister wird zum Kleben von Papiertapeten verwendet. Typisch ist die erforderliche Weichzeit – die eingekleisterte Tapete muss erst ein paar Minuten den Kleister aufsaugen, ehe sie an die Wand geklebt werden kann.
  • Spezialkleister: Für schwerere Tapeten (Vinyl-, Präge- oder Raufasertapeten) werden dem Tapetenkleister zusätzlich Kunstharze begemischt, da die Klebekraft eines reinen Zellulose-Kleisters hier nicht ausreicht.
  • Vliestapetenkleister: Tapetenkleister für Vliestapeten ist etwas dickflüssiger und spritzt nicht. Als Direkt-Kleister wird er unmittelbar auf die zu tapezierende Wand aufgetragen, die Vliestapete ohne Weichzeit ins Kleisterbett gedrückt. Einerseits muss die Anfangshaftung hoch sein (damit die Tapete auf der Wand hält), andererseits muss die Offenzeit groß genug für Korrekturen sein.

    Praxistipp: Vliestapetenkleister eignet sich auch für das Anbringen von Saniervliesen oder glasfaserarmierten Tapeten.
  • Tapeziergerätekleister: Heute wird nur noch selten mit Tapeziermaschine gearbeitet. Vliestapeten, die direkt auf die Wand geklebt werden, machen den Einsatz der Maschine überflüssig. Auch spezielle Kleister sind überwiegend vom Markt verschwunden. Normaler Tapetenkleister (ggf. etwas dünner eingestellt) taugen auch für die Verwendung in der Kleistermaschine.

Tapetenkleister anwenden

Tapetenkleister werden hauptsächlich als Pulver angeboten – vergleichsweise neu sind flüssige Kleister-Konzentrate, die einen garantiert klumpenfreien Tapetenkleister ergeben. Wie Sie einen Kleister fachgerecht ansetzen, erklärt die folgende Anleitung:

Bereits angerührter Kleister ist bedingt lagerfähig: Abgedeckt (vor dem Austrocknen und Bakterien geschützt) lässt sich Tapetenkleister bis zu 14 Tage aufbewahren. Schimmelunterdrückende Zusätze sind nicht zu empfehlen – dünsten sie doch nach dem Tapezieren unkalkulierbar lange in den Wohnraum aus!
Praxistipp: Tapetenkleister trocknet leicht glänzend aus – lässt sich aber nur schwer bis gar nicht entfernen. Gelangt beim Tapezieren Kleister auf die Vorderseite der Tapete (oder auf andere Oberflächen) sollten Sie den noch frischen Kleister mit einem feuchten Lappen und klarem Wasser abtupfen.

Bei der Renovierung muss die alte Tapete auch wieder von der Wand runter: Spezielle Tapetenablöser erleichtern diese mühsame Arbeit. Leichter fällt das Entfernen von Vliestapten – sie können einfach im Ganzen von der Wand abgezogen werden!

Seit wann gibt es Tapetenkleister?

Knochenleim – aus ausgekochten Tierknochen – war Jahrhunderte lang der einzige verfügbare Klebstoff zum Tapezieren (damals kannten aber auch nur Adelige den schmückenden Wandbehang). Erst mit seiner Entdeckung, dass aufgekochte Pflanzenstärke einen klebestarken und haltbaren Tapetenkleister ergab, machte der Malermeister Ferdinand Sichel 1888 den Kleister auch für die breite Masse erschwinglich. Der „Sichel-Tapetenkleister SM“ musste noch mit heißem Wasser aufgerührt werden. In den 1920er-Jahren machte kaltlösliche Trockenstärke (Quellstärke) das Produkt noch anwenderfreundlicher. Der nächste Innovationssprung erfolgte 1953: Hier brachte Henkel unter der Marke Metylan einen neuartigen Tapetenkleister auf den Markt, der aus reiner Methylzellulose bestand. Klumpenfreier Tapetenkleister war nun für jeden Heimwerker verfügbar!

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