Kunststoff tempern
Bearbeitet man Kunststoff in der heimischen Werkstatt, führt das zu internen Spannungen im Material. Dass aus diesen Materialspannungen keine Risse oder Schäden entstehen, sollte man den Kunststoff tempern.
Wenn Sie Kunststoffe wie Acrylglas / Plexiglas spanabhebend (abrasiv) bearbeiten (wie sägen, fräsen oder drehen) entstehen Spannungen im Material die schnell zu Schäden führen können. Gleiches droht, wenn Sie den Acrylglas warmverformen (= biegen und abkanten). Kommen die Kunststoffe zusätzlich noch mit korrosiven Substanzen (wie Lösungsmitteln, Lacken oder aggressiven Reinigungsmitteln) in Kontakt tauchen schnell Spannungsrisse im Material auf. Hochwertige Kunststoffe wie Acrylglas / Plexiglas tolerieren zwar recht hohe Zugspannungen, doch auch bei diesen Werkstoffen ist es sinnvoll, den bearbeiteten Kunststoff zu tempern, um spätere Schäden von ihm fernzuhalten.
Tempern von Kunststoffen
Ziel des Tempern von Kunststoff ist es vor allem ...
- innere Spannungen abzubauen und
- eine bessere Wärmebeständigkeit des Werkstoffs zu erzielen
Unter Kunststoff tempern versteht man die Wärmebehandlung eines Materials, um die produkt-spezifischen Eigenschaften zu erhalten odr wieder herzustellen. Bei vielen thermoplatischen Kunststoffen (vor allem bei Acrylglas PMMA) erfolgt dies durch sogenanntes Warmlagern. In der Industrie geschieht das in großem Maßstab in temperaturgeregelten Umluftöfen – zuhause genügt für kleine Acrylglas-Beiteile der eigene Umluft-Backofen, um den Kunststoff zu tempern.
Standard-Vorgehen beim Tempern von Kunststoff:
- Tempern Sie Kunststoff nur in einem temperaturgeregelten Umluftofen
- Die Temper-Temperatur muss unterhalb des materialspezifischen Erweichungs-/Schmelzpunkts liegen
- Während des Temperns ist die Temperatur möglichst konstant zu halten und für eine allseitige Luftzirkulation innerhalb des Ofens zu sorgen
- Wichtig für den Erfolg des Temperns von Kunststoff ist eine langsame, gleichmäßige Temperaturerhöhung und ...
- ... das konstantes Halten der Temperatur über einen vergleichsweise langen Zeitraum
- Entscheidend für den Erfolg des Tempers ist zudem eine sehr langsame, gleichmäßige Abkühlung
Das Tempern greift in die Molekülstruktur des Kunststoffs ein: Durch die Bearbeitung "durcheinandergeratene" Molekülgitter werden wieder geordnet, was die internen Spannungen löst. Damit das Acrylglas diese zurückgewonnen positiven Eigenschaften auch nach dem Tempern beibehält, ist eine geordnete Abkühlung wichtig: Die Kunststoff-Bauteile sollten erst bei unter 50° C aus dem Ofen genommen werden und danach langsam bei Raumtemperatur weiter auskühlen.
Plexiglas tempern
Falsches Sägen und Bohren beeinflusst die Materialeigenschaften von Plexiglas. Die Wärme aus der mechanischen Bearbeitung verändert die Molekülketten des Materials. Es bauen sich dauerhafte Spannungen auf, die dazu führen, dass das Material reißt, sobald es mit aggressiven Mitteln, wie Klebern, Reinigungsmitteln, Dichtgummis oder Parfum in Kontakt kommt.
Werkstücke im Umluftherd tempern
Roland Sättler, Anwendungstechniker bei Evonik Röhm, rät:
Vor der Weiterverarbeitung muss man daher alle Werkstücke tempern, um diese von Materialspannungen zu befreien. Dazu legt man das Plexiglas auf ein Gitterrost in den Umluftherd. Gegossenes Plexiglas (GS) bei 80 °C, extrudiertes (XT) bei 70 °C. Die Heizdauer in Stunden errechnet sich aus der Materialstärke in mm durch drei – mindestens jedoch zwei Stunden. Danach müssen die Werkstücke im geschlossenen Ofen etwa auf Raumtemperatur abkühlen, ehe Sie sie weiterverarbeiten können.
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