Strandkorb
Den Strandkorb kennt wohl jeder aus dem Urlaub an Nord- oder Ostsee: Die robusten Strandmöbel dienen als bequeme Sonnenliege oder schützen bei eher wechselhaftem Wetter vor Wind, Regen und Sandböen! Mit dem Strandkorb verknüpft sind viele Urlaubserinnerungen – verständlich, dass viele See-Fans auch einen eigenen Strandkorb für den Garten Zuhause haben wollen.
Der Rostocker Hof-Korbmachermeister Wilhelm Bartelmann gilt als Erfinder des Strandkorbs: Er baute 1882 für eine rheumakranke ältere Dame den Prototypen des heute noch (kaum veränderten) Strandkorb-Modells: Speziell für die Witterungsverhältnisse an der rauen See entworfen, bietet der Strandkorb seinem Nutzer zuverlässigen Schutz gegen Sonne, Wind, Regen, neugierige Blicke, Gischt und Sandflug. Das Dach – Haube genannt – lässt sich in mehreren Stufen nach hinten kippen, um unterschiedliche Liegepositionen zu ermöglichen. Eine Stoffmarkise schützt den Badegast vor der Sonne. Die Kombination auf Bastgeflecht (außen) und Stoffbespannung (innen) hält zuverlässig den Wind fern. Für mehr Komfort sorgen ausziehbare Fußbänke, kleine Klapptische oder das Staufach unter der gepolsterten Sitzbank.
Strandkörbe werden in 2 Varianten gebaut: Die Ostseeform mit abgerundeten, geschwungenen Seitenteilen und einer gebogenen Haube gilt als gefälliger als die Nordseeform mit geraden Seiten und kantig wirkendem Oberteil.
Bis heute gelten Strandkörbe als etwas ur-deutsches: Ihre Form und Funktion hat sich seit dem 19 Jahrhundert nicht verändert. Der Strandkorb überstand zwei Weltkriege, soziale und industrielle Revolutionen sowie die Ost-West-Teilung! Andere Anrainer-Staaten von Nord- oder Ostsee (wie England, Niederlande, Dänemark oder Polen), kennen den Strandkorb nur aus dem Urlaub – in Deutschland! Auch für das Strandmöbel selbst benutzen Engländer wie Franzosen das deutsche Lehnwort "Strandkorb"
Fotos: Daniel Schwen / CC BY-SA 3.0, Magnus Manske / CC BY 1.0, sidm
Geschichte des Strandkorbs
Geflochtene Weidensesseln mit hochgezogenem Rückenteil sind seit dem Ende des 16. Jahrhunderts überliefert. Die halbrund gebogenen, überdeckten Stühle dienten vor allem dem Schutz vor Zugluft in großen und kalten Wohnräumen und Fluren. Im Freien wurden sie nicht verwendet: Zum einen war wohl die Herstellung durch den Korbmacher zu teuer, zum anderen gab es damals noch keine Kur-Bäder-Bewegung.
Erst durch die Entdeckung der medizinischen Vorteile von Seeluft, Reizklima, Sonnen- wie Meerwasserbädern entstanden die ersten Seebäder. Die damaligen Sittengesetze und Moralvorstellungen zwangen die Kurgäste aber in hochgeschlossenen Badeanzüge. Für das Bad im offenen Meer kletterte der Gast in eine Umkleidekabine auf Rollen, um sich darin sichtgeschützt umziehen zu können. Ein Dienstbote zog dann den badekarren ins Wasser, so dass der Kurgast unbeobachtet direkt ins Wasser tauchen konnte – das alles natürlich pro Strandabschnitt streng nach Geschlechtern getrennt!
Erst der mit der industriellen Revolution auch langsam einsetzende gesellschaftliche Wandel veränderte die Badekultur an den deutschen Küsten. Seebäder erhielten zunehmend aus touristische Bedeutung. Man traf sich dort zu gesellschaftlichen Ereignissen, das Flanieren entlang der Promenade gehörte zum Sonntag wie der Kirchbesuch. Strandzelte boten Raum für ganze Familientreffen im Sand. Der gesellschaftliche Weg bis zum heutigen ungezwungenen Badevergnügen rund um den Strandkorb war noch weit. Beim priviligierten Bürgertum galt Bräune als Makel, öffentliches Entkleiden als unschicklich. Eine Lockerung der Sitten kam nach der Novemberrevolution von 1918 auf.
Foto: Leserwettbewerb/Soenksen
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